Die ABC-Analyse ist ein Verfahren zur Klassifikation von Gütern, Materialien oder Artikeln anhand ihres wirtschaftlichen Gewichts. Üblicherweise wird dazu der Verbrauchswert betrachtet, der sich aus der verbrauchten bzw. verkauften Menge in einem Zeitraum und dem jeweiligen Preis ergibt. Ziel ist eine Priorisierung: wenige Positionen tragen oft einen großen Anteil am Gesamtwert, während viele Positionen nur einen kleinen Anteil ausmachen. Dieses Muster entspricht dem bekannten Pareto-Prinzip und wird in der Logistik genutzt, um Komplexität zu reduzieren und Entscheidungen zu strukturieren.
Im logistischen Kontext ist die ABC-Analyse vor allem eine Methode zur Bestands- und Sortimentsstrukturierung. Sie unterstützt die Einordnung von Artikeln in Klassen, die unterschiedliche Aufmerksamkeit und Steuerungsintensität erhalten. Die Analyse ist dabei keine Kennzahl im engeren Sinne, sondern ein Ordnungssystem, das auf vorhandenen Daten (z. B. Absatz, Verbrauch, Einstandspreis, Artikelstamm) aufsetzt. Je nach Zielsetzung kann die Bewertung auf Umsatz, Wareneinsatz, Deckungsbeitrag oder auch auf Beschaffungs- bzw. Kapitalbindungskosten basieren.
Die Einteilung erfolgt typischerweise in drei Klassen: A-Artikel mit hohem Wertanteil, B-Artikel mit mittlerem Wertanteil und C-Artikel mit geringem Wertanteil. Häufig genannte Orientierungswerte sind etwa 70–80 % Wertanteil für A bei rund 10–20 % der Positionen, 15–25 % für B und 5–10 % für C; diese Grenzen sind jedoch nicht normiert. In der Praxis werden die Schwellenwerte an Datenlage, Sortiment und Prozesskosten angepasst, damit die Klassen die tatsächlichen Steuerungsbedarfe abbilden.
Charakteristisch für die ABC-Analyse ist die Kombination aus Rangfolge und Kumulierung. Artikel werden nach ihrem Wertbeitrag absteigend sortiert, anschließend wird der kumulierte Anteil am Gesamtwert berechnet. Auf dieser Grundlage entstehen Klassen, die als Grundlage für differenzierte Prozesse dienen. Eine typische Darstellungsform ist die ABC-Kurve, bei der sichtbar wird, wie stark der Gesamtwert auf wenige Positionen konzentriert ist.
Die Methode wird in unterschiedlichen Einsatzfeldern verwendet, insbesondere dort, wo viele Positionen zu verwalten sind und Prozesskosten eine Rolle spielen. In Lager und Versand dient die Klassifikation häufig als Grundlage für differenzierte Bestands- und Nachschublogik, für unterschiedliche Zählhäufigkeiten oder für die Priorisierung im operativen Handling. In der Beschaffung kann sie dazu beitragen, Lieferanten- und Dispositionsaufwand entsprechend der wirtschaftlichen Bedeutung zu staffeln. Auch im E-Commerce-Umfeld mit breiten Sortimenten wird die ABC-Analyse genutzt, um umsatzstarke oder kapitalintensive Artikel von Long-Tail-Artikeln abzugrenzen.
Zu den typischen Merkmalen zählt, dass die Ergebnisse stark von Zeitraum, Datenqualität und Bewertungsmaßstab abhängen. Saisonale Artikel können je nach Betrachtungsfenster die Klasse wechseln, ebenso Produkte mit stark schwankenden Preisen. Zusätzlich berücksichtigt die klassische ABC-Analyse primär den Wertbeitrag, nicht aber kritische Faktoren wie Lieferzeitrisiken, Substituierbarkeit oder Servicelevel-Anforderungen. Aus diesem Grund wird sie in der Praxis oft mit weiteren Klassifikationen kombiniert oder in regelmäßigen Abständen aktualisiert, um Änderungen im Nachfrage- und Beschaffungsverhalten abzubilden.

Für Logistik und E-Commerce ist die ABC-Analyse vor allem deshalb relevant, weil sie einen strukturierten Umgang mit Zielkonflikten ermöglicht: Hohe Verfügbarkeit erhöht tendenziell die Kapitalbindung, während niedrige Bestände das Lieferrisiko erhöhen können. Durch die Einteilung in A-, B- und C-Artikel können Prozesse so gestaltet werden, dass sie die wirtschaftliche Relevanz einzelner Artikelgruppen widerspiegeln. In Disposition und Bestandsführung wird die Aufmerksamkeit häufig auf wertintensive Artikel konzentriert, während für geringwertige Artikel vereinfachte Regeln ausreichen können.
Im Lager wirkt die Klassifikation indirekt auf Layout, Wegezeiten und Kommissionierleistung, da häufig nachgefragte oder wertrelevante Artikel anders organisiert werden können als seltene Positionen. Im Versandumfeld spielt zudem die Kombination aus Sortiment, Verpackungslogik und Auftragsstruktur eine Rolle: Artikel, die einen großen Anteil am Wert oder am Risiko tragen, können in der Qualitätssicherung, beim Handling oder in der Dokumentation stärker kontrolliert werden als Artikel mit geringem Wertbeitrag. In Multi-Channel-Setups kann die ABC-Analyse außerdem helfen, Sortimentssegmente zu identifizieren, die unterschiedliche Auswirkungen auf Servicelevel, Retourenquote oder Nachschubfrequenz haben.
Gleichzeitig sind Grenzen zu beachten. Artikel mit geringem Wertanteil können dennoch eine hohe operative Bedeutung haben, etwa als Ersatzteile, die Ausfälle verhindern, oder als Zubehör, das den Warenkorb komplettiert. Auch regulatorische Anforderungen (z. B. Gefahrgut, Chargenpflicht) und physische Merkmale (Volumen, Bruchgefahr) sind unabhängig vom Wertbeitrag entscheidungsrelevant. Deshalb wird die ABC-Analyse in vielen Unternehmen als Baustein verstanden, der durch weitere Kriterien ergänzt wird, um die operative Realität besser abzubilden.
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